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Cybermobbing-Workshop an der Wendlinger Anne-Frank-Schule
„Was ein Bahnhof mit Medien zu tun hat“ – Cybermobbing-Workshop an einer Wendlinger Förderschule
Immer früher nutzen auch Grundschulkinder schon die digitalen Medien. Dabei gehen die Schülerinnen und Schüler mitunter recht ruppig miteinander um. Beleidigungen im Klassen-Chat sind dabei leider keine Seltenheit. Wir haben Kindermedienland-Experte Frank Wagner in eine vierte/fünfte Klasse der Wendlinger Anne-Frank-Schule begleitet.
Donald Trump, eine Überwachungskamera, ein Säugling am Tablet, ein Roboter in Kindergröße, ein Xbox-Controller, eine VHS-Kassette. Aus ganz verschiedenen Postkarten mit Medienmotiven sollen sich die Schülerinnen und Schüler der Klasse vier/fünf der Wendlinger Anne-Frank-Schule zwei aussuchen, zu denen ihnen direkt ein Bezug einfällt. Die Frage, was ihnen zu den Fotos einfällt, bietet einen idealen Einstieg, um mit ihnen über das Thema „Medien“ ins Gespräch zu kommen. Auf einer Postkarte ist ein Säugling zu sehen, der auf ein Tablet-PC starrt. Was die Schüler davon halten? „Eigentlich sollten Säuglinge noch kein Tablet nutzen!“ meldet sich eine Schülerin. Frank Wagner will wissen, ab welchem Alter Tablet-PC erlaubt sein sollten. Eine Schülerin plädiert für ein Einstiegsalter von 10 Jahren, eine andere erst ab 14. Eine Steilvorlage für den Referenten. „Wer von euch hat bereits ein Smartphone oder eine Spielkonsole?“ fragt er. Mehr als die Hälfte der Kinder melden sich.
Um die möglichen Auswirkungen von digitalen Medien zu veranschaulichen, zeigt Frank Wagner einen Spot von Microsoft. Erwachsene, die andauernd auf ihr Handy starren, verpassen die wichtigen Dinge im realen Welt: eine Achterbahnfahrt, die Trauungszeremonie oder das Baseball-Training mit dem Sohn. „Ich find‘ das blöd, dass der Vater beim Baseball nicht auf den Sohn achtet“ entrüstet sich eine Schülerin. Leider gibt es so viele, „die sich nicht um ihre Kinder kümmern“ findet sie. In der Abschlussszene ist eine Familie am Esstisch. Bis auf das jüngste Kind, sind alle anderen Familienmitglieder mit dem Smartphone beschäftigt. Referent Frank Wagner plädiert für eine Regel, die Smartphones beim Essen bewusst weiter wegzulegen. Oder „Kein Fernsehen bei den Mahlzeiten. Obwohl, ich hab früher als Kind beim Essen oft ferngesehen“ gibt Frank Wagner zu. „Ich auch!“ rufen zwei Schüler.
Dass die Schülerinnen und Schüler teilweise sehr medienfixiert sind, berichtet in der Pause Klassenlehrerin Jennifer Kull: „Wir planen gerade eine Schulhausübernachtung und ihre erste Frage war, ob sie auch ihr Smartphone mitnehmen dürfen.“ Die Lehrerin findet, dass sich die exzessive Mediennutzung leider negativ auf die Unterrichtsbeteiligung auswirkt. „Manche Schüler kommen nach den Ferien völlig unkonzentriert zurück, weil ihnen neben der Spielekonsole die Alternativen gefehlt haben. Die können sich einige Tage lang nicht auf den Unterricht konzentrieren, weil das Computerspiel innerlich noch zu präsent ist.“ schildert sie.
Jennifer Kull schätzt ihr Klasse als „sehr sozialkompetente und aufgeweckte Klasse“ ein. Leider gab es in der Klasse bereits ein Problem mit einer App. Dabei gelangte ein privates Video ins Netz. „Problematisch ist, dass viel Unwissenheit vorhanden ist.“ erklärt Klassenlehrerin Kull. „Auch teilweise bei den Eltern“ fügt sie hinzu. Viele sind sich den Gefahren nicht bewusst und kennen sich nicht mit den Privatsphäreneinstellungen aus, stellt sie fest. Sie fragt sich, wie weit man die Nutzung von digitalen Medien einschränken kann, ohne gleichzeitig die soziale Teilhabe der Heranwachsenden zu verhindern.
„WhatsApp ist für uns als Schule ein schwieriges Thema“ bemängelt sie. Einerseits hat die Schule keinen Zugriff auf das, was in den WhatsApp-Gruppen stattfindet. Andererseits beeinflussen die WhatsApp-Gruppen merklich den Schulalltag und erfordern das Eingreifen der Lehrkräfte. Dennoch hat es die Schule geschafft, für das Video-Problem eine pädagogische Lösung zu finden: In einer Schulstunde durfte sich die Klasse überlegen, welche Umgangsformen sie sich für das Verbreiten von Videos wünschen. „Bei einer gemeinsamen Löschaktion haben wir den Schülern die Möglichkeit gegeben, das peinliche Video von ihrem Handy zu entfernen. Auf freiwilliger Basis natürlich.“ beschreibt Jennifer Kull den Fall.
Um die Funktion Sozialer Netzwerke anschaulich zu machen, hat Frank Wagner Steckbriefe mitgebracht. Darauf sollen die Schülerinnen und Schüler unter anderem ihren Namen, ihre Adresse, ihre Telefonnummer sowie ihre Hobbies eintragen und ihr Gesicht malen. Währenddessen pinnt der Referent ein Foto eines Klassenzimmers an die Tafel. Nachdem alle Fragen ausführliche beantwortet wurden, will Frank Wagner wissen, ob die Viertklässler ihren Steckbrief im Klassenzimmer aufhängen würden. „Das ist doch privat“ schütteln einige den Kopf. Das Foto des Klassenzimmers wird gegen ein Foto eines Schulgebäudes ausgetauscht. „Würdet ihr euren Steckbrief am Schulgebäude aufhängen?“ will der Referent wissen. Außerdem sollten die Kinder überlegen, welche Angaben auf dem Steckbrief vertraulich sind: die Adresse, die Telefonnummer, der Ort an dem sie Sport machen. Die Kinder dürfen nun die vertraulichen Daten durchstreichen.
Zu guter Letzt hängt Frank Wagner das Foto eines Bahnhofsgebäudes auf. „Da können lauter fremde Menschen euren Steckbrief sehen“, sagt er. Die Kinder finden es blöd, dass fremde Menschen am Bahnhof über ihre Hobbies erfahren und streichen auch diese durch. „Und warum müssen wir unser Alter durchstreichen“ will eine Schülerin wissen. „Weil niemand Fremdes wissen soll, dass ihr klein seid und euch nicht wehren könnt“ erklärt Frank Wagner. Was der Bahnhof mit den Sozialen Medien zu tun hat, löst er am Schluss der Übung auf.
Genauso wie im öffentlichen Raum eines Bahnhofs haben auch auf WhatsApp, Instagram und TikTok wildfremde Menschen Zugriff auf private Daten. Die Viertklässler scheinen das Problem zu kennen. „Die Schwester meiner Freundin hat auf Instagram über 1000 Follower“ oder „Bei manchen Kommentaren sehe ich, dass das Cybermobbing ist. Z. B. Du bist voll hässlich.“ Frank Wagner erklärt, dass in den Regeln von Sozialen Netzwerken Beleidigungen nicht erlaubt sind und theoretisch eine Sperrung möglich wäre.
Um zu zeigen, dass Online-Beleidigungen genauso wehtun wie physische Gewalt, hat der Referent zwei Äpfel mitgebracht. Den ersten sollen die Schülerinnen und Schüler nach Strich und Faden beleidigen. „Der Apfel stinkt nach Scheiße“ zählt zu den milderen Beschimpfungen. Den zweiten Apfel sollen die Kinder über alle Maße loben. „Du bist der allerschönste Apfel auf der Welt“ sind die kreativeren Einfälle der Viertklässler. Um die Wirkung der Beleidigung visuell darzustellen, hat der Referent den ersten Apfel vor dem Workshop präpariert und ein paar Mal auf den Boden geschlagen. Vor den Augen der Kinder schneidet er beide Äpfel auf: während der gelobte Apfel appetitlich zum Verzehr einlädt, ist der beleidigte Apfel innen an mehreren Stellen mit braunen Flecken übersät. Die Schülerinnen und Schüler werden kurz nachdenklich. „Der ist bestimmt traurig“ vermutet eine 10-jährige Schülerin. Um einen freundlichen Ton in Chat-Gruppen zu vereinbaren, hat Frank Wagner das Plakat „Unsere Regeln für das Internet“ dabei. Nacheinander schreiben die Schülerinnen und Schüler gemeinsam ihre Regeln auf, die anschließend jeder mit seinem Namen unterschreibt:
- Keine Beleidigungen.
- Nett zueinander sein.
- Keine heimlichen Bilder machen.
- Erst fragen bei Fotos.
- Nix Privates ins Netz.
- Adresse nicht rein schreiben.
- Vorsicht bei Fremden.
Bei einem interaktiven Chat-Spiel vom Internet-ABC sollen die Schüler zum Ende des Workshops zeigen, was sie alles gelernt haben. Als im Spiel ein fiktiver Chat-Teilnehmer ungebeten nach Fotos fragt, wissen die Viertklässler was zu tun ist: den User bei den Moderatoren melden. Die Schülerinnen und Schüler können sich auf die Schulter klopfen. „Falls eure Eltern Fragen haben, sagt ihnen, sie sollen auf www.internet-abc.de gehen“ empfiehlt der Frank Wagner zum Schluss.
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Kindermedienland Baden-Württemberg: Cybermobbing | Was tun? Tipps für den Notfall!
Medienzeiten: Warum, wie lange Ihr Kind mit dem Handy spielt, nicht die wichtigste Frage ist
WhatsApp – Was tun bei Mobbing?
Klicksafe.de: Whatsapp – Tipps für Erwachsene und Jugendliche
Das Landesmedienzentrum bietet mit seiner Medienpädagogischen Beratungsstelle Eltern und Lehrkräften Rat und Unterstützung zum pädagogischen Jugendmedienschutz. Dazu zählen auch Tipps, wie man in der Familie mit WhatsApp oder Spielekonsolen umgeht. Sie ist montags, mittwochs, donnerstags von 8 bis 17 Uhr, dienstags von 8 bis 19 Uhr sowie freitags von 8 bis 15 Uhr erreichbar: unter 0711 490 963 – 21.
Der Workshop an der Wendlinger Anne-Frank-Schule wurde im Rahmen des Kindermedienland-Programmes „101 Schulen“ durchgeführt. Um Jugendlichen und Eltern beim sinnvollen Umgang mit Medien zu unterstützen, bietet das Programm 101 Schulen verschiedene Veranstaltungsformate an. Die einzelnen Veranstaltungen haben unterschiedliche Praxisanteile, wobei die Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler grundsätzlich praxisorientiert angelegt sind. Die Workshops werden an alle Schularten, Klassenstufen und Zielgruppen, bei Bedarf mit internationalen oder inklusiven Settings, angepasst, sodass die für die Schülerinnen und Schüler interessantesten Aspekte der Themengebiete im Vordergrund stehen.
Die Landesregierung setzt sich mit der Initiative „Kindermedienland Baden-Württemberg“ unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Winfried Kretschmann dafür ein, die Medienkompetenz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Land zu stärken. Mit dem „Kindermedienland Baden-Württemberg“ werden zahlreiche Projekte, Aktivitäten und Akteure im Land gebündelt, vernetzt und durch feste Unterstützungsangebote ergänzt. So wird eine breite öffentliche Aufmerksamkeit für die Themen Medienbildung und -erziehung geschaffen. Träger und Medienpartner der Initiative sind die Landesanstalt für Kommunikation (LFK), der Südwestrundfunk (SWR), das Landesmedienzentrum (LMZ), die MFG Baden-Württemberg, die Aktion Jugendschutz (ajs) und der Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV).
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